Zahnersatz aus dem Ausland
Nur wenige Ausnahmen bestätigen die Regel, dass fast jeder Mensch früher oder später Zahnersatz benötigt. Je nach Zustand der allgemeinen Mundgesundheit kann dies die Ausgabe einer höheren Summe bedeuten, daher ist es völlig legitim, wenn sich Patienten umfassend über Behandlungen und Kosten sowie über mögliche Alternativen informieren. Auch Behandlungsmöglichkeiten im Ausland werden dabei oft ins Kalkül gezogen.
Auch wenn der Europäische Gerichtshof schon im Mai 2003 den Weg freigegeben hat, dass sich Patienten grundsätzlich in allen EU-Staaten, ohne vorherige Genehmigung ihrer Krankenkasse, ambulant behandeln lassen können, ist es ratsam, dass Sie als Patient/-in immer vor einer eventuellen Auslandsbehandlung mit Ihrer Krankenkasse reden sollten. Grund: Bislang gibt es keine einheitliche Regelung der Kassen beim Umgang mit der Erstattung ausländischer Zahnarztrechnungen. Wichtig: Die Kassen erstatten in der Regel nur diejenigen im EU-Ausland erbrachten Leistungen, die auch hierzulande erstattungsfähig sind. Ist der Rechnungsbetrag der Auslandsbehandlung höher als der in Deutschland übliche Kassensatz, so haben allein die Patienten die Differenz zu begleichen. Umgekehrt gilt: Ist die Rechnung niedriger, bekommen die Patienten nur den tatsächlichen Rechnungsbetrag erstattet.
Angenommen Sie haben sich aus Kostengründen dafür entschieden, Ihre Zahnbehandlung in Ungarn, Polen, Spanien oder sonst einem EU-Land durchführen zu lassen und reisen nach der Behandlung – und nachdem sie die Behandlung bar bezahlt haben – wieder nach Hause. Weiterhin angenommen, nach einigen Wochen stellen sich kleinere oder größere Komplikationen ein mit der Konsequenz, dass sie eine fachgerechte (Fort-)Behandlung einklagen müssen. Wie wäre es Ihnen bei dem Gedanken, diesen Rechtsstreit in jenem Land zu führen, in dem die Behandlung stattgefunden hat? Genau dies ist aber die Rechtslage. Überprüfen Sie daher Ihr Vertrauen in eine Zahnbehandlung – mit allen möglichen Konsequenzen – im Ausland. Eine Zahnbehandlung ist schließlich Vertrauenssache.
Vorweg: Natürlich wird Ihr deutscher Zahnarzt bei akuten Schmerzen im Rahmen einer Notfallbehandlung weiterhelfen. Rechtlich allerdings ist er nicht zur Nachbesserung ausländischen Zahnersatzes verpflichtet und kann diese auch ablehnen, z. B. wenn er befürchten muss, durch seine Nachbesserung selbst in die Haftung für Mängel der Auslandsbehandlung eintreten zu müssen. Nachbesserungen von Auslandsbehandlungen sind von deutschen Zahnärzten nicht über die Krankenkasse abzurechnen, das heißt konkret, dass die Patienten die Nachbesserungen aus eigener Tasche zu entrichten hat. Prinzipiell hat der Zahnarzt, der den Zahnersatz eingegliedert hat, Nachbesserungen innerhalb einer Gewährleistungsfrist von zwei Jahren kostenfrei zu erbringen. Ob und wieweit eine vergleichbare Gewährleistungsfrist bei einer Auslandsbehandlung gilt, ist offen. Die Krankenkassen beteiligen sich in der Regel nicht an den entstandenen Kosten.
Die Versorgung mit Zahnersatz ist eingebunden in einen Behandlungsplan, der von der Planung und Vorbehandlung über die Eingliederung bis zur Nachsorge reicht. Da macht es wenig Sinn, die Behandlung auf mehrere Zahnärzte aufzuteilen. Wir empfehlen dringend, möglichst die gesamte Behandlung von einem Zahnarzt Ihres Vertrauens durchführen zu lassen. Damit vermeiden Sie Mehraufwand und haben auch Klarheit über die Zuständigkeit bei Gewährleistungen. Zahnersatz ist kein Massenprodukt, sondern wird indivuell für Ihre konkrete Mundsituation hergestellt. Daher sind Kronen, Brücken, Prothesen oder Implantate keine Produkte, bei denen die Geiz-ist-geil-Methode greift.
Die allermeisten Deutschen haben zu "Ihrem" Zahnarzt ein großes Vertrauen, daher ist die Patientenfluktuation äußerst gering. Trotzdem können vor einer Zahnbehandlung Zweifel entstehen, ob Ihr Zahnarzt wirklich die für Sie ökonomischste Variante vorschlägt. In solchen Fällen hilft die Patientenberatung der Berliner Zahnärzte weiter, bei denen Sie problemlos eine Zweitmeinung einholen können. Dabei gilt der Grundsatz, dass derjenige Zahnarzt, der die Zweitmeinung abgibt, NICHT der ausführende Behandler sein darf. Dies gibt Ihnen als Patient die Sicherheit, eine wirklich unabhängige Meinung zu erhalten.
Prinzipiell gilt, dass ausländischer Zahnersatz nicht schlechter sein muss als der Zahnersatz, der hierzulande hergestellt wurde. Derzeit gibt es auch noch keine wissenschaftlichen Studien, die sich diesem Thema gewidmet haben. 2004 untersuchte allerdings der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Rheinland Pfalz* 60 Patienten mit ausländischem Zahnersatz. Die Ergebnisse: 23 % der Patienten hatten im Ausland einen hinsichtlich Planung und Qualität zufriedenstellenden Zahnersatz erhalten, 28 % der Behandlungen wiesen kleine Mängel auf, bei 48 % der Behandlungen musste nachträglich eingegriffen werden. Unterm Strich erwiesen sich die Auslandsbehandlungen durch die Kosten der Mängelkorrekturen teurer als wären sie hierzulande durchgeführt worden.
*Chr. Baulig, U. Weibler-Villalobos, I. Körner, F. Krummenauer: Evaluation von Ergebnisqualität und Kosteneffektivität zahnärztlichprothetischer Versorgungen im (Nicht-EU-) Ausland, Studie des MDK Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Universität Mainz, veröffentlicht in: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 4/2004
Obwohl die Lohn- und Betriebskosten etwa in Osteuropa niedriger sind, ist eine dortige Behandlung nicht automatisch ‚zum Nulltarif‘ zu erhalten. Auch in Polen, Ungarn oder Tschechien kann Zahnersatz teuer werden – die Preise unterschieden sich zum Teil erheblich. Hierzu stellte die Stiftung Warentest im Test-Heft 6/2005 fest: „Polnische Zahnarztpraxen bieten vergleichbare Leistungen nicht immer wesentlich preiswerter an.“
Natürlich müssen zu den reinen Behandlungskosten die Aufwendungen für Reise, Unterkunft und Verpflegung hinzugerechnet werden. Wenn erneute Anreisen zu Nachbehandlungen fällig werden, kann der anfängliche Kostenvorteil auch ins Gegenteil umschlagen.
Die Behandlungskosten im Ausland können ganz oder teilweise von Ihrer Krankenkasse durch die Einreichung der Rechnungen erstattet werden. Denken Sie aber daran, dass die Krankenkassen bis zu 10 % vom Erstattungsbetrag als Gebühr abzieht.
Gerade für die Vor- und die Nachbereitung von Zahnbehandlungen fehlt im Ausland oft die Zeit. Entzündetes Zahnfleisch zum Beispiel heilt nicht von einem Tag zum anderen. So ist es nicht verwunderlich, dass Fachleute immer wieder die mangelhafte Parodontalbehandlung im Ausland beklagen, genauso wie übrigens die Nachsorge: Nicht jeder Zahnersatz passt auf Anhieb, es können z. B. Druckstellen entstehen. Folge: Es muss nachgebessert werden, was erneuten Zeitaufwand und zusätzliche Reisekosten erfordert.
Die Studie des MDK Rheinland-Pfalz stellte immer wieder fest, dass
- Zähne unnötigerweise überkront wurden: Fast alle, 74 von 76 begutachteten, Auslands-Kronen wurden als „fraglich notwendig“ eingestuft.
- Füllungen oder Inlays in vielen Fällen ausreichend und teils auch billiger gewesen wären.
- Zahnsubstanz zerstört wurde, durch massives Beschleifen blieben von gesunden Zähnen oft nur noch Stümpfe übrig
- Kronenränder ungenau bearbeitet wurden
- Kauflächen nicht optimal zusammen passten
Zudem lag in keinem Fall eine sogenannte Konformitätserklärung vor. Dies ist eine Erklärung des Labors, wie sie hierzulande üblich ist und die über die Verwendung der zertifizierten Materialien Auskunft gibt.